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Licht!

Gebt mir ein Mikro.

Ich entdeckte die Regiearbeit,

als ich Citizen Kane
zum ersten Mal im Fernsehen sah.

Ich wurde mir über Schnitt und
Kameraperspektiven bewusst.

Wie geht es Ihnen,
meine Damen und Herren?

Hier ist Orson Welles.

70 Jahre später

wurden diese
Erfindungen selbstverständlich

für unsere Art, Filmbilder zu sehen.

Sie wurden zur filmischen Grammatik.

Welles war ein Magier

und außergewöhnlicher Darsteller.

Aber das ist nichts verglichen
mit der Größe seines Filmschaffens.

Citizen Kane ist ein Meisterwerk

und eine sehr starke Unternehmung,

physisch wie emotionell.

Das erfasst mich immer wieder.

Wissen Sie, wir Filmemacher,

wir sind nur
eine Bande armer Schlucker,

die technisch etwas machen,
was veraltet ist.

Ich wuchs in Hollywood auf,

genauer am Strand von Santa Monica,

der damals ein privater Strand war.

Viele fragen sich, warum
mein Vater mich Christopher nannte.

Meine Mutter wählte
den Namen vor meiner Geburt.

Als sie sahen,
dass ich ein Mädchen war,

hielten sie umso mehr daran fest,

dass kein Mädchen Christopher hieß,

und mein Vater gern
ungewöhnliche Ding tat.

Obgleich ich als Kind

mit vielen Menschen
vom Kino zusammenkam,

waren die für mich keine Stars.

Und erst, als ich
an meine Kindheit zurückdachte,

sagte ich mir:
"Elizabeth Taylor war da!

"Sie baute mit mir
Sandburgen im Garten."

Als mein Vater
Rita Hayworth heiratete,

war ich vielleicht fünf Jahre alt,

und sie nahm sich gern meiner an.

Sie lud mich jedes Wochenende ein,
wo ich mit ihnen zusammen sein konnte.

Sie wohnten in der Nähe,
in Santa Monica.

Mit fünf Jahren sah ich
meinen Vater auf der Bühne.

Er machte da die Mercury Wonder Show,
ein magisches Stück,

für die US-Soldaten in Los Angeles.

Wir waren zu der Zeit im Krieg

und sie sollten in den
Pazifik geschickt werden.

Also hatten die GIs freien Eintritt,

mein Vater hat das bezahlt.

Hier zog der Hase
den Magier aus seinem Hut.

Das gehörte zu seiner Persönlichkeit.

Dazu gehört
seine Liebe für die Magie.

Die er auch selbst ausstrahlte.

Er wollte vor allem unterhalten.

Als er ein kleiner Junge war

organisierte seine Mutter Salons,

in die sie die feine
Gesellschaft von Chicago einlud.

Und sie sagte zu ihrem Sohn,
dem kleinen Jungen,

dass er nur kommen dürfe,
wenn er die Leute unterhielte.

Dass er weg müsse,
sobald er langweilte.

So hat er seit seinen jungen Jahren

gelernt, Leute zu unterhalten,

damit er bleiben dürfe
und nicht weg geschickt würde.

Es hat nie jemand
Zaubertricks von mir verlangt.

Niemand in meiner Umgebung
hat das je verlangt.

Deshalb mache ich das beruflich.

Es gibt Leute,
die das mögen und verlangen.

Einmal kam ich zu einem
Geburtstag von Louis B. Mayer

mit einem Hasen in der Tasche,

den ich aus dem Hut ziehen wollte.

Da kamen Judy Garland, Danny Kaye,

Danny Thomas, all solche Leute.

Und Al Jolson
hat zwei Stunden gesungen.

Während mein Hase mich
voll angepinkelt hat.

Und als über dem Country Club
von Hillcrest der Tag anbrach

und wir uns von
Louis B. Mayer verabschiedeten,

hatte von mir niemand was verlangt.

Und der Hase und ich
gingen nach Hause.

Was macht einen guten Magier aus?

Wirklich.

Was macht einen guten Magier aus?

Dass er den Hasen
rechtzeitig herausholt.

1970

wollte ich Orson für
Ein Zauberer an meiner Seite haben.

Ich traf ihn in New York.

Er wohnte im Plaza Hotel.

Peter Bogdanovich
hatte ihm von mir gesprochen.

Ich suchte ihn also auf.

Ich ging hinauf und
klingelte an seiner Tür.

Er öffnete in einem violetten Pyjama.

Er sah aus wie
eine riesige Weintraube,

in seinem riesigen Seidenpyjama.

Er bat mich nicht herein.

Er öffnete und fragte:
"Was wollen Sie?"

"Ich bin Henry Jaglom".
Und er:

"Das sagt mir nichts!"

"Peter hat das arrangiert."

"In welcher Sache?"
Ich war immer noch draußen.

"Ich will Sie für
meinen nächsten Film."

"Wo ist das Drehbuch?"

"Ich habe keins.
Darf ich reinkommen?"

Er sagte: "OK.
Ich sitze hier ohne zuzuhören."

Er verschränkte die Arme,
sah hinauf zur Decke,

und weigerte sich, zuzuhören.

Ich versuchte,
ihm das nahe zu bringen.

Ich hatte wie alle Welt gelesen,

dass er die Magie mochte.

Ich sagte, dass es
um einen Magier gehe,

und ich fügte hinzu,

dass der versuche,
Dinge verschwinden zu lassen:

wie etwa Tiere im Zoo...

Aber etwas kann er
nicht verschwinden machen.

Er schaut mich an und fragt:

"Was ist das?"

"Dafür müssen wir den Film machen.

"Anders werden Sie das nie wissen."

Er fragte:
"Kriege ich einen Umhang?"

Damit hatte ich ihn.

Verschwinde.

1970 war ich 23 Jahre alt.

Ich hatte das erste
der drei Bücher beendet,

die ich über Orson Welles schrieb.

Ich kam das erste Mal nach Hollywood.

Ich hatte Bogdanovichs Telefonnummer.

Ich rief ihn an, er sagte:

"Warte, ich rede gerade mit Orson."

Dann sagte er mir:
"Orson will dich treffen."

"Unglaublich! Orson ist
in Hollywood und will mich treffen."

"Du sollst ihn morgen
um 17 Uhr 30 anrufen."

Welles hatte Peter gebeten,
Cinephile und Filmemacher

für The Other Side of the Wind
zu engagieren.

Ich rief ihn an und er sagte:
"Wir drehen einen Film.

"Wollen Sie da mitmachen?"
Ich war verdutzt.

Ich war noch nie aufgetreten

und fand es toll,
bei Welles mitzumachen.

Mir fiel nichts
besseres ein als zu fragen:

"Wird das ein Spielfilm?"

Welles lachte uns sagte:
"Das hoffe ich!"

Welles kam 1935 nach New York

und gründete das Mercury Theatre.
mit John Houseman.

Sie nahmen am
Federal Theatre Project teil,

eine Fördermaßnahme von Roosevelt

für ein Nationaltheater,
was eine tolle Sache war.

Sie schufen mehrere erfolgreiche
Stücke für Broadway.

Welles machte Radiosendungen.

Er machte da die Serie
Mercury Theatre on the Air.

Und er war sehr gefragt
wegen seiner tollen Stimme.

Er machte viel Radio
und verdiente viel.

Ab 1936 inszenierte er am Theater.

Mit nur 21 Jahren

inszenierte er seinen "schwarzen" Macbeth
oder "Voodoo" Macbeth

im Rahmen des Projekts

des schwarzen Theaters.

Ein unglaubliches Projekt.
Es gibt sogar eine Aufnahme davon

aus einer
Nachrichtensendung jener Zeit.

Das schwarze Theater
präsentiert eine gelungene Version

des Macbeth von Shakespeare.

Nach New York geht
das Stück auf Tournee

durch das ganze Land.

Obgleich in Haïti spielend,

bleibt dieser Macbeth
dem Geist des Stückes treu.

Dieser Beitrag des American Theatre

wie auch ein weiteres Projekt

eröffnen neue Horizonte.

Das war ganz außerordentlich.

Stellen Sie sich junger Mann vor,

der mit einer
schwarzen Truppe arbeitet?

Er war mit 21 oder 22 Jahren
weltweit berühmt.

Mit 23 war er auf dem Titelblatt
des Time Magazine,

was damals der
Gipfel der Berühmtheit war.

Ich fuhr in einer Ambulanz
von einem Radio zum andern.

Es gab kein Gesetz das verlangte,

dass man dafür krank sein müsse.

Ich nahm eine Ambulanz
um vom CBS zum NBC zu kommen.

Da wartete der Aufzug.
Ich fuhr in den 5. Stock,

kam ins Studio und fragte:
"Was soll ich spielen?"

"Einen 80-Jährigen Chinesen."

Ich spielte den alten Chinesen,
und weiter ins nächste Studio.

Mein Vater machte diese
unglaubliche Radiosendung

Der Krieg der Welten,

die das Land aufwühlte und ihn

über Nacht weltberühmt machte.

Nach dieser Sendung, die im
ganzen Land eine Panik auslöste,

war er auf den Titelblättern
aller Zeitungen der Welt.

Eine Rundfunksendung
erschüttert die Nation.

Zuhörer in Panik
glauben sich im Krieg.

Zur Zeit der Münchner Krise
waren die Menschen verängstigt.

Das Radio sprach ununterbrochen

von einem in Europa drohenden Krieg.

Und Welles machte daraus
eine Nachrichtensendung.

Wir unterbrechen unsere Musiksendung

für eine Sondernachricht.

Man reicht mir ein Kommuniqué.

Mars-Zylinder sind eben dabei
über das ganze Land zu fallen.

Man sah den Feind über den Palisades.

Fünf... fünfgroße Fluggeräte...

Das Orchester wurde durch
eine Blitznachricht unterbrochen.

Einer der Sprecher hatte
die Stimme von Roosevelt.

Das erschien glaubhaft,

auch wenn sich das
heute lächerlich anhört.

Ich bin Leuten begegnet,
die den Angriff

der Marsmenschen ernst nahmen,
in ihrem Wagen flohen.

Eine Frau kam
in eine Polizeistation

mit zerrissenen Kleidern,

sich als Opfer
der Marsmenschen ausgebend.

Achtung!

Was die Menschen am
meisten in Schrecken versetzte

war die Stille.

Orson stand in der Mitte des Studios,

während der Sprecher sagte:

"Mein Gott, das kommt näher!
Immer näher!"

Und Stille.

Und Orson stand da,
in der Mitte des Studios...

Und er ließ die
Stille lange vorhalten.

Und das machte Angst.

Die Stille war
schlimmer als alles andere.

Orson wusste das genau.

Er hat das Gegenteil behauptet,
aber er wusste das genau.

Die Marsangriff im Radio
versetzt Tausende in Panik.

Es gibt Aufnahmen vom folgenden Tag,

wo Welles dies alles
bei einer Pressekonferenz bedauert.

Eigentlich bedauerte er gar nichts.

Er sagte das, weil er
eine Anzeige befürchtete.

Man sprach von Verhaftung.
Dies hat sich alles gelegt.

Natürlich sind wir zutiefst betroffen

und wir bedauern die Folgen,

die es nach der Sendung gab.

Ich fragte ihn,
ob er etwas bedauerte.

In dem Sinn, dass er
damit zu weit gegangen sei.

Er sagte:
"Was gibt es da zu bedauern?"

Die Menschen glauben
was sie im Radio hören.

Also wollte ich etwas unglaubliches
senden, was geglaubt würde.

Um dann klar zu machen,
dass das nur Radio war.

Das war die Ausgangsidee.

Heute ist das gesetzlich verboten.

Du kannst keine Nachricht senden

und sagen, dass sie wahr ist,
ohne verfolgt zu werden.

Die das versuchten
landeten im Gefängnis.

Ich bekam einen Vertrag in Hollywood.
So ist das.

Danach hat Hollywood versucht,

Orson Welles an die
Westküste zu kriegen.

Er sollte Der Krieg der Welten
als Film machen.

Das RKO bot ihm einen
Vertrag für Citizen Kane an.

Bei Drehbuch und Casting
wollte das Studio mitreden.

Er war an ein Budget gebunden.

Aber er durfte die Endfassung
bestimmen. Das ist selten so.

Er hatte auch andere Angebote.

Er machte zwei, drei Drehproben
für Warner und Selznick.

Aber das waren nur Angebote
als Schauspieler,

er aber wollte die volle Kontrolle,
die er für Citizen Kane bekam.

Er schlug also diese Angebote aus,

aber das RKO machte
ein besonderes Angebot:

ein Vertrag für
drei Filme mit großer Autonomie.

Das RKO erholte sich
gerade von einem Konkurs

und ging Risiken mit Autoren ein.

Regisseure wie Ford
oder Hawks hatten freie Hand.

Sein Präsident George Schaefer
war intelligent.

Er dachte, dass ein Vertrag
mit Welles dem Studio nutzen könnte.

Daraus ergab sich natürlich
ein tiefes Ressentiment.

Heute dreht jeder Star Filme.

Sogar Fernsehstars inszenieren
manche ihrer Szenen selbst.

Das ist fast normal geworden.

Aber niemand hatte das
seit Strohheim mehr gemacht.

Das war undenkbar.

Dass ich Autor und
absoluter Produzent sein sollte...

Die Produzenten hassten mich,
weil, wenn ich das tun konnte,

warum brauchte man
dann noch einen Produzenten?

Bei Citizen Kane war
Welles noch sehr naiv.

Er dachte,
der Regisseur mache das Licht,

wie das beim Theater der Fall ist.

Er hatte den großen
Gregg Toland als Kameramann

und wollte dennoch
selbst das Licht machen.

Laut Welles war Toland so lieb,

dass er das Team bat,
nichts dazu zu sagen.

Das ging so einige Tage

und Toland gab versteckt Anweisungen

fürs Licht.

Bis er Welles dann doch sagte,
dass das seine Sache sei.

Welles war betreten und
Toland beruhigte ihn.

Er wollte mit Welles arbeiten,

weil das sein erster Film war:

"Ich wollte an Ihrem
Unwissen etwas lernen."

Leuchtet sie aus.
Ich will sehen, was das ergibt.

Das Spannseil ergibt
einen Reflex auf dem Scheinwerfer.

Kann man das wegnehmen?

Man fragte ihn in einem Interview,

welche Regisseure er vorzog.

Er sagte: "Ich habe
ein Faible für die alten Meister.

"Das heißt, John Ford,
John Ford und John Ford.

"Bei Ford sieht man,
woraus die Erde besteht,

"sogar bei Mother Machree."

Ich habe das Ford gezeigt.

Er sagte: "Wo ist Orson?"

"Im Beverly Hills Hotel."

Orson rief mich dann an.

"Du hast Ford gezeigt, was ich sagte?"

"Ja. Warum?"

"Ich habe ein Telegramm bekommen."

"Danke für das Kompliment!
Herzlich. Mother Machree."

Was anderes war auch schlimm:

Ich kannte mich mit
den Richtungen nicht aus.

Ich erlernte das Filmemachen,
indem ich einen Monat lang

Ringo anschaute.

Da siehst du,

die Indianer greifen
von links nach rechts an,

dann wieder von rechts nach links.

Das heißt, das läuft wie es will,

ganz ohne Regeln.

Ich sah den Film 45 mal.

Als man mir sagte,
dass ich beim Gegenschnitt

statt links rechts nehmen müsse,

sagte ich, nein,
so mache ich das nicht.

Wir hörten auf zu drehen.

Es war 14 Uhr, ich ging nach Hause.

Und Toland zeigte mir, wie das läuft.

Ich sagte: "Ich weiß gar nichts."

Und Toland:
"Das lernst du in drei Stunden."

Ich habe Sie nicht
umsonst hierher bestellt.

Ich dachte mir was dabei.

Der Chronicle ist ein gutes Blatt.
Hat gute Ideen.

Seht die Auflage.

495 000!

Aber schauen Sie, wer da arbeitet.

Kein Wunder, mit solchen Typen!

Genau, M. Bernstein.

Wissen Sie, in welcher
Zeit wir die beisammen hatten?

- 20 Jahre!
- 20 Jahre? Gut...

Vor 6 Jahren sah ich auf dem Foto
die größten Reporter der Welt,

wie ein Kind Bonbons anstaunt.

Heute, sechs Jahre später,
habe ich sie, meine Bonbons.

Willkommen beim Inquirer.

Macht eine Kopie
und schickt sie dem Chronicle.

Heute früh war unsere
Auflage die höchste von New York.

684 000.

684 132!

Genau!

Er eröffnete dem Kino neue
Möglichkeiten und einen neuen Schwung.

Das stimmt.

Mit seinem Kameramann Gregg Toland

machte er vom
Bild her völlig neue Sachen.

Das hatte Folgen.

Es gab den deutschen
Expressionismus der UFA,

aber das war es nicht.

Er brachte was Frisches
ins amerikanische Kino,

eine Frische in der
Sicht und im Ausdruck.

Er wollte keine
Regeln oder Konventionen

was die Ästhetik
und das Timing und betraf.

Das gab den künftigen Regisseuren

die Freiheit, die sie
für ihre Filme brauchten.

Da war zuerst
die offizielle Anerkennung

der neuen Arten des Erzählens.

Dazu gehörte auch,
dass er 25 Jahre alt war,

dass er vom Theater und vom Radio kam,

dass er die Filmgrammatik erneuerte.

Und dann, in den 50ern,

sah man den Effekt
bei den anderen Filmen.

Man sprach von den Decken,
die man zum 1. Mal sah.

Aber was neu war
waren die Gegenschnitte.

Deshalb sah man auch die Decken.

Und die Textur der Bilder.

Vor allem die Story,
das Gefühl von Verlust.

Ein Held, der durch
das gekennzeichnet ist,

was er nicht hat.

Aus! Sehr gut! Aus!

Aus! Was macht der?

Warum machst du weiter?
Du bist wohl müde.

- Bereit?
- Ja, bereit.

- Kamera.
- Szene 6, die Zweite.

Bitte.

Er hatte keine Angst,
die Kamera zu zeigen,

sie bemerkbar zu machen.

Dem Zuschauer zu zeigen,

wie die vom Boden
bis zur Decke hochsteigt.

Ich habe die Kamera
dank des Weitwinkels gesehen.

Wenn man damit schnell genug ist

sieht man die Wände vorüberstreichen.

Das hat Welles zum
amerikanischen Kino beigetragen.

Vorher sollte
alles verdeckt bleiben.

Eine verborgene Kamera,
die man nicht wahrnimmt.

Welles hat die Büchse
der Pandora weit geöffnet,

mit Kameras, die davon fliegen.

Und verrückt mit dem Film,
den ich oft sah, ist,

dass Kane ein Rätsel bleibt.

Man kennt ihn nicht.
Das ist nicht möglich.

Er berührt mich weniger
als in früheren Zeiten.

Zu Beginn, als ich den Film sah,

war ich vor allem
von Welles selbst bewegt.

Ich mochte ihn persönlich.

Bei Citizen Kane
war alles ausgeglichen.

Er war in Harmonie mit dem System,

er hatte alles, was er brauchte.

Dann war da auch
der skandalöse Aspekt,

in Bezug auf William Hearst.

Welles wollte einen
antifaschistischen Film machen,

angesiedelt in den USA,

mit einem
faschisierenden Geschäftsmann.

Zuerst war Howard Hughes
gemeint, dann ging das auf Hearst.

Da Hearst das sehr übel nahm

und dafür sorgte,

dass der Film
nicht in seine Kinos kam,

hat das den Film versenkt.

Der folgende Film,
Der Glanz des Hauses Amberson,

kam auch nicht beim Publikum an.

Sodass das Studio das Ende
des Films neu drehen ließ.

Sie machten da Sachen,

die für meinen
Vater den Film zerstörten.

Das war für ihn nicht mehr sein Film.

Alle sagten,

während ich in Südamerika war,

dass der Film zu deprimierend sei,

eine Bezeichnung,
die man in Hollywood gern verwendete.

Man nahm alles aus dem Film,
was ihn ausmachte.

Es gab zwei
schreckliche Vor-Premieren.

Das Studio war in Panik

und hat den Film zerlegt.

Orson war in Rio
und konnte nichts tun.

Ich hatte in Rio eine Million Dollar

für einen Film über den Karneval.

Ich mag keine Karnevals
und Faschingsdienstage,

aber man sagte mir,
das sei mein patriotischer Auftrag.

Sie sagten mir,

dass das gut wäre für
die Beziehungen zu Lateinamerika.

Der Film wurde zerstört.

Nur die erste Stunde ist von Orson,

die letzte halbe Stunde
wurde neu geschnitten und gedreht.

Sie machten einen neuen Schnitt.

Die drei letzten Szenen

habe ich weder
geschrieben noch gedreht.

Die erste Stunde ist so gut,

dass der Film trotz allem
ein Meisterwerk ist.

Aber es war schmerzlicher
als das Scheitern von Citizen Kane,

weil das das zweite war.

Trotz einer
Nominierung für die Oscars.

Das war wie ein Todesstoß.

Sie sind hier unerwünscht.

Ich verstehe nicht.

Und das?

Im Glanz des Hauses Amberson s ind
die Schauspieler von Citizen Kane.

Orson Welles ist der
Regisseur und Produzent

dieses mitreißenden Films.

Sie zerstörten das Ende des Films.

Von da an hatte er nicht mehr
die Vollmacht über seine Filme

und keiner hat ihm etwas eingebracht.

Ich habe mich nie mehr
von diesem Tiefschlag erholt.

Als ich nach Brasilien ging
hatte man mir versprochen,

dass ich eine Moviola
und einen Schnittmeister bekäme,

um den Schnitt dort abzuschließen.

Das taten sie nicht,
sie schnitten selbst.

So haben sie Ambersons zerstört,

und der Film selbst
hat meine Karriere zerstört.

Ich habe jahrelang
keinen Film mehr gedreht.

Er hatte nie mehr einen Erfolg.

Außer für einen Film,
den er nicht mochte,

Die Spur des Fremden.

Der einzige Film, der ihm
in den USA was eingebracht hat.

Für ih war Die Spur des Fremden

eine kommerzielle Unternehmung.
Das sollte ein Publikumsfilm werden,

weil er seit Amberson und It's
All True nichts mehr gedreht hatte.

Franz!

Mein nächster Film war
Die Spur des Fremden.

Den machte ich, um zu
zeigen, dass ich existiere.

Dass ich wie die andern auch
"Action" und "Cut" sagen konnte.

Welles war damit nicht zufrieden,

er musste dafür
zu viel an Auflagen akzeptieren.

Er wollte Agnes Moorehead
für der Rolle der Fahnderin,

die den, in die USA
geflüchteten, Nazi verfolgt,

den Welles spielt.
Sie fanden das zu gewagt

und nahmen Edward G. Robinson.

Sie trauen also nicht

den in Deutschland
durchgeführten Reformen.

Ich weiß nicht, M. Wilson.

Die Menschen können nur
von innen her reformiert werden.

Es wird in Deutschland nie
Freiheitsprinzipien geben.

Es gibt die Freiheitsliebe
in allen Sprachen.

Für alle Menschen.

Aber auf deutsch...

Da ist Marx,
die Vereinigung der Proletarier.

Marx war kein Deutscher,
er war Jude.

Der Kerl ist sichtlich ein Miststück.

Der Film zeigt,
wie sehr die Amerikaner naiv sind.

Sie sahen nicht,
dass sie mit jemandem Umgang hatten,

der offensichtlich ein Miststück war.

Darum geht es in dem Film.

Der als erster amerikanischer Film
Bilder der KZs zeigte.

Eine Gaskammer, Mrs Rankin.

Die Opfer bekamen eine warme Dusche,

um ihre Poren zu öffnen,

damit das Gas besser wirkt.

Nach dem Krieg
beschäftigte Welles sich sehr

mit dem Neonazismus
und schrieb darüber Artikel.

Er war sich dessen bewusst,

dass Amerika mit den
Nazis kollaboriert hatte,

indem es sie als Spione
und Forscher beschäftigte.

Viele Schuldige
konnten so untertauchen.

Der Vatikan half manchen,
nach Südamerika zu fliehen.

Welles wollte sich
damit nicht abfinden

und versuchte,
das öffentlich zu machen.

Er sprach viel von Rita Hayworth.

Sie war seine zweite Frau
und das große Sex-Symbol der Epoche.

Er sah sie auf einem Foto
und wollte sie heiraten.

Wir hatten wunderbare
Momente zusammen.

Sie war die perfekte Schwiegermutter
und selber wie ein Kind.

Sie wollte kein Filmstar sein.

Viele Filmstars machen die Erfahrung,

dass man sie auf der Leinwand liebt,

und dann enttäuscht ist,
wenn man auf sie trifft,

weil sie dem Idol nicht entsprechen.

Rita sagte den berühmten Satz:

"Männer gehen mit Gilda ins Bett
und wachen dann mit mir auf."

Als Kind kannte
ich nur Leute vom Kino

und ich dachte,
das müsse ich auch machen.

Ich sah keine andere Zukunft.

Ich bedrängte meinen Vater damit,

dass er mir eine Rolle gibt.

Er ging nie darauf ein.

Er wollte mich nicht
als Schauspielerin.

Heute danke ich ihm dafür,

aber damals dachte ich nur daran,

und ließ nicht locker.

Einmal filmte er gewisse Szenen

der Lady von Shanghai in Acapulco,
in Mexiko,

und meine Mutter schickte
mich für ein paar Wochen dorthin.

Also war ich dort.

Sie drehten vor allem
Szenen auf der Yacht.

Errol Flynn hatte
meinem Vater seine Yacht vermietet.

Man drehte also
in der Bucht von Acapulco.

Eines Tags verließen sie die Yacht

um auf einer staubigen
Straße in der Stadt zu drehen.

Ich fasste die Gelegenheit beim Schopf.

Ich stürzte mich auf meinen Vater:

"Bitte, bitte,
lass mich in dem Film spielen."

Er blickte verärgert
zu mir herunter und sagte:

"Gut. Du bist da eine
kleine Göre, die ihr Eis isst."

Das ist nicht, was ich wollte,

aber ich war bereit, alles zu tun,
und sagte: "OK!"

Das beruhigte mich einen Moment.
Ich sagte mir: "Du bist in dem Film".

Aber da war ich nicht. Entweder
war kein Filmmaterial eingelegt,

was gut möglich ist,

oder, falls das gedreht wurde,

ist es dann rausgeschnitten worden.

Aber in dem Moment

war ich überzeugt, dass ich
mit Papa und Rita in dem Film wäre.

Mrs Bannister,

wieso hätte Ihr Mann eine Detektivin

angeheuert, wenn nicht,
um Sie zu überwachen?

Einspruch!

Sie und Michael O'Hara
haben sich geküsst.

Man hat sie überrascht,

wie sie sich beim Aquarium küssten.

Bestreiten Sie das?

Nein!

Rita Hayworth war seine Ex-Frau,
von der er sich getrennt hatte.

Sie blieben Freunde.
Sie war ein Star bei der Columbia

und sie hat den Film durchgesetzt.

Sie war berühmt für ihre
wunderbaren roten Haare,

die Welles ihr schneiden

und blond färben ließ.

Er sagte, dass er
ihren Look habe ändern wollen,

aber man sah darin eine Attacke
gegen die Columbia und ihren Star.

Manche sahen das

als eine misogyne Attacke
gegen seine Ex-Frau,

die da ein Luder spielt.

Sie sagte mir:
"Ich will den Film machen.

"Ich will dich wiederhaben."

Aber die Theorie,
tausend Mal wiederholt,

nach der ich mich an Rita
habe rächen wollen,

dass ich sie mit dem Film
habe herabsetzen wollen,

ist Unsinn, alles ist doch im Buch.

Sie hat das gelesen
und wollte die Rolle spielen.

Als Schauspielerin.

Kein Mann warje vor ihr sicher...

dieser Frau, die vor nichts Angst hatte...

Mein Vater war ein Pionier.

Er war einer der
ersten in diesem Land,

der das Studio-System
hinter sich ließ

und ihre Filme selbst finanzierte.

Er verdiente Geld als Schauspieler,

das er in seine Filme investierte.

Man denkt bei Welles
an Der dritte Mann,

obwohl er den nicht machte.

Man denkt,
das ist ein Film von Welles,

aber der ist von Carol Reed.

Da gibt es viele
Einstellungen wie bei Welles,

aber es ist der Stil von Reed.

Welles hat immer verneint,
dass das der seinige wäre.

Die Handlung ist nach Welles,
es geht um einen Verrat,

gewiss berechtigt,
aber es ist ein düsterer Film.

Welles hat erzählt, dass in Europa,

wenn er in ein Restaurant
oder Nachtclub komme,

die Kapelle die Musik
vom Dritten Mann spiele.

Das machte ihn verrückt,
weil das nicht sein Film war.

Er war bekannt für
einen Film, der nicht der seine war.

Ich widerspreche nie dem Regisseur,

aber ich komme meistens
mit der umgeschriebenen Szene.

Darauf muss ich bestehen.

Wenn ihnen das nicht gefällt,

gehe ich nach Hause und schreibe
die Szene für den nächsten Tag um,

hoffend, dass sie die dann nehmen.

Aber ich sage einem Regisseur nicht:

"Mache dies oder das",
außer er fragt mich danach.

Die Leute fragen sich,
wieso mein Vater in Ungnade fiel.

Warum das Wunderkind von Hollywood

zum enfant terrible wurde,
und niemand ihn mehr haben wollte.

Zu der Zeit seiner Karriere

konnte er schwerlich ein Studio
finden, das seine Filme finanziert,

weil keiner je etwas eingebracht hatte,

und Hollywood nur
Filme will, die was einbringen.

Kunstfilme interessierten niemanden.

Dafür gab es in den USA
leider kein Publikum.

Das war das Ende der Karriere
meines Vaters in Hollywood.

Weshalb er sich Europa zuwandte.

Wo er vielleicht seine Filme
machen konnte wie er es wollte.

Einst gab es in Venedig

einen Mauren namens Othello,

der wegen seiner
kriegerischen Heldentaten

sehr geschätzt wurde.

Er verliebte sich in
eine junge und noble Dame,

die Desdemone hieß,

eine sanfte Frau.

Ich schneide sie in Stücke...

Mich zu betrügen!

Er machte wenig Filme in Europa,

aber sie sind gut
und sind seine Filme.

Er sagte: "Ich hätte mehr machen
können, aber es wären nicht meine."

Herr Satan persönlich
hat viele Mängel,

aber er ist
faszinierend und ist sein Film.

Niemand sonst hätte den machen können.

So auch für Othello.

Und die Dokumentarfilme.

Und Der Prozess.
Falstaff ist sein bester Film.

Ich habe eine Persönlichkeit,
die mir gewisse Rollen vorbehält,

ansonsten fliegt alles in die Luft.

Das ist ein Handikap.

Es gab in Frankreich
eine Kategorie von Schauspielern,

an der Comédie Française,
die Königs-Darsteller hießen.

Die waren nicht unbedingt die besten,
sie spielten den König.

Ich bin ein Königs-Dasteller,
vielleicht schlecht,

aber das gehört zu mir.

Mein Vater ist
eine Shakespeare-Figur.

Er vereint in sich so viele Rollen.

Unter den größten sind

Macbeth, Othello,

und vor allem Falstaff.

Ich denke, die Rolle
war für ihn geschrieben.

Ich kann ihn in der Rolle
nicht sehen ohne zu weinen.

Das ist so umwerfend,
vor allem in der Szene,

wo der Prinz ihm
seine Verachtung zeigt.

Diese Szene bringt mich
jedes Mal zum Weinen.

Mein König! Mein Jupiter!

Ich spreche zu Dir, mein Herz.

Ich kenne dich nicht, Alter.
Geh wieder beten.

Wie schlecht die weißen Haare
einem Narren stehen.

Ich träumte oft
von einem solchen Mann,

so aufgedunsen von Stolz,

so alt und so gottlos.

Aber einmal erwacht,

verachte ich meinen Traum.

Das ist mein Lieblingsfilm.

Wenn ich...

wenn ich aufgrund eines Films
in den Himmel kommen sollte,

würde ich den wählen.

Es ist der,
wo ich am wenigsten mogle,

sagen wir es so.

Er entspricht am meisten dem
was ich zu tun versuchte.

Das ist mir besser gelungen

als was ich sonst je versuchte.

Er wollte einen
erfolgreichen Film machen,

aber wie der Gott Midas alles in
Gold verwandelte, was er anrührte,

verwandelte sich das
bei meinem Vater in Kunst,

und oft in gotische Kunst,

was das amerikanische
Publikum nicht verstehen konnte.

Noch heute gibt es Leute,
die mir sagen:

"Citizen Kane soll
der größte Film aller Zeiten sein,

"aber wirklich, ich verstehe nicht warum.

"Ich verstehe nicht,
wieso Leute das denken."

Während er in Europa verehrt wird.

Mehr als in seinem eigenen Land,
was der Gipfel ist.

Über die Jahre

wurde Welles auf
offizieller Seite vielfach

als ein Versager
und ein has been angesehen.

Kane war da sein einziger Film.

Aber wir Regisseure
sahen das nicht so.

Wir sahen das völlig anders.

Ich sah eine Anzahl
anderer Filme von Welles,

die Shakespeare-Filme,
Macbeth, Othello...

Für uns war Welles...

ein absolutes Vorbild,

von einem individuellen
Engagement gegenüber sich selbst,

und gegenüber der Kunst,
die über allem steht.

Über allem.

Man sagte, dass er
sich selbst zerstörte,

- ja, das kann man sagen -,

dass er in zu viel Werbung und
schlechten Filmen spielte.

Aber er musste
zwischendurch auch leben,

was auch immer die
Kompromisse und Zwänge waren.

Man muss nur Falstaff sehen

oder Herr Satan persönlich,
um sich davon zu überzeugen.

Er investierte viel in Filme,
die er fertigstellen musste,

Othello und manche andere.

Touch of Evil ist auch
in seiner Studio-Fassung

ein großer Film.

Eine hervorragende Besetzung:

Charlton Heston,

Janet Leigh,

Orson Welles.

Ich sprach über
den Film mit Charlton Heston.

Die Welles lieben
müssen ihm dankbar sein,

weil ohne ihn Welles nie
Touch of Evil hätte machen können.

Es war die Adaptation von
Badge of Evil, ein sehr guter Roman.

Das Studio wollte
einen Haus-Regisseur,

Welles sollte den bad guy spielen,

Hank Quinlan,
den Chef der korrupten Polizei.

Sie boten die Rolle
Charlton Heston an

und meinten,
Welles könnte Quinlan spielen.

- "Und wer ist der Regisseur?"
- "Wir wissen es noch nicht."

Heston sagte: "Und Welles?
Das ist ein toller Regisseur."

"Das war, als hätte ich meine
Mutter dafür vorgeschlagen.

"Die waren entsetzt."

Aber Heston war ein großer Star.

So sagten sie schließlich OK

und Welles konnte den Film machen.

- Was wollen Sie tun?
- Für Sie den elektrischen Stuhl.

Sie haben ihn hereingelegt!

Hier spricht der Ehemann,
nicht der Bulle.

Wo ist sie?

Er war zurück in Hollywood,
nach elf Jahren.

Als sie die Endversion sahen...

Sie hatten ihn bis da unterstützt,

aber sie waren entsetzt
von dessen Schwärze

und albtraumhafter Seite.

Nehmt ihre Beine.

Dann lief alles anders.

Er durfte nicht schneiden.
Der Film wurde überarbeitet.

Ein Unbekannter drehte 15 Minuten neu.

Es entstand ein Film,

den Welles so nicht wollte.

Sie mochten die Muster.

Jeden Tag kam der Studio-Chef
und bot mir Verträge an.

Ein fantastischer Vertrag
für mehrere Filme.

Dann sahen sie den ersten Schnitt.

Sie waren entsetzt,

ließen mich nicht mehr ins Studio.

Niemand hat mir gesagt,
was sie entsetzte.

Sie wollten vor allem keinen Erfolg,
sagten aber nichts davon.

Heston weiß nichts.
Sie haben ihm nichts gesagt.

Und mir noch weniger.

Sie fanden das zu düster,

zu seltsam.

Heute wären die Reaktionen anders.

Das war zu gewaltsam, zu schwarz.

Das nehme ich an.
Ich weiß es nicht.

Welles machte acht, neun oder zehn Filme,
wovon manche wunderbar waren.

Falstaff
ist die schönste Adaptation

eines Stückes von Shakespeare.

Ein Meisterwerk,
wovon niemand spricht.

In den USA ist davon nie die Rede.

Ich liebe F wie Fälschung.

Da wird das Kino neu erfunden.

Aber er bekam nie mehr die
Unterstützung und Anerkennung,

die er mit 24 oder
25 Jahren bekommen hatte.

Weshalb er auch sagte,

dass er weiter
was anderes hätte tun müssen.

Es war sicher ein Fehler,
beim Film zu bleiben.

Aber ich kann
den Fehler nicht bereuen.

Das ist, als ob man sagte:

"Ich sollte mit der Frau
nicht mehr verheiratet sein."

Wenn ich es tat,
dann liebte ich sie.

"Ich hätte mehr Erfolg gehabt,
wenn ich sie verlassen hätte."

Ich wäre erfolgreicher
gewesen ohne das Kino.

Im Theater, in der Politik,
beim Schreiben.

Ich verfehlte
den größten Teil meines Lebens

indem ich versuchte,
zu Geld zu kommen.

Ich versuchte,
mich am Leben zu halten

mit diesem ruinösen Farbkasten,
den die Filme darstellen.

Ich investierte zu viel Energie

in Dinge, die mit dem
Filmemachen nichts zu tun hatten.

Das sind 2% Filmemachen

und 98% Prostitution.

Das ist kein Leben.

Denken Sie, das geht so weiter?

Ich werde meinem Liebling weiter
treu bleiben. Ich liebe es.

Dazu war er berufen.

Das hatte er zu tun.

Über gute und schlechte Tage,

über wirklich schwierige Jahre,

versuchte er bis zu seinem Tod
Filme zu machen.

Das ist, was er wollte:
Filme machen.

Er starb mit...

Er war zu dick um sich hinzusetzen.

Er starb mit seiner
Schreibmaschine auf dem Bauch,

an einem Film schreibend.

Sein Leben bestand darin,
einen weiteren Film zu machen.

Und wenn er sagte,
er hätte ein anderes Leben vorgezogen,

er hätte das nicht gekonnt.
Das Kino war sein Leben.

Als ich ihn traf drehte er
F für Fälschung.

Und er versuchte Der Kaufmann
von Venedig fertigzustellen.

Und er begann
The Other Side of the Wind,

den er selbst finanzierte.

Er drehte vier oder fünf Jahre,
mit Unterbrechungen.

Er drehte bei mir,
in meinem Haus in Bel-Air.

Er wohnte da,

während ich einen
Film in Europa drehte.

Er hatte den quasi abgedreht,

aber den Schnitt
konnte er nie beenden.

Bei einem Mittagessen
in der Mitte der 70er Jahre,

wandte er sich mir zu und sagte:

"Falls mir was passiert,
versprich mir den fertigzustellen."

"Orson, warum
sollte dir was zustoßen?

"Dir wird nichts passieren."

"Ich weiß, aber für alle Fälle,

"versprich mir das."

Ich denke, dass viele große Männer

wissen, dass sie groß sind.

Sie wissen,
dass sie ein Nachleben haben.

Ich denke, mein Vater wusste das,

und das tröstete ihn.

Wir hatten einmal
ein langes Telefongespräch,

wo ich ihm sagte, ich sei wütend,
dass niemand ihm Geld gäbe,

um The Other Side of the Wind
fertigzustellen,

oder auch andere Projekte.

Und er antwortete:
"Keine Angst, meine Liebe,

"die werden mich mögen,
wenn ich tot bin."

Erinnere dich.

Vielleicht hast du einen Wunsch.

Erinnere dich.

Jetzt öffne die Augen.

Öffne die Hände.

Ich machte drei Filme. The Other Side
of the Wind, wo ich spielte,

mein erster Film, wo er spielte,
A safe Place,

und er spielte in seinem letzten Film,
Ein Tag für die Liebe.

Eines Tages sagte ich ihm:

"Du schaust in die Kamera
und sagst: erinnere dich."

"Ein Schauspieler
schaut nie in die Kamera."

Und er schlug mir etwas vor.

"Du wirst nach ein oder zwei
Einstellungen sagen, ist gut.

"Ich glaube nicht, dass du
die bessere nehmen wirst,

"weil du nicht ich bist.

"Ich will wenn nötig
20 oder 30 Einstellungen machen."

Ich sagte:
"Machen wir es so:

"Du kriegst so viel
Einstellungen wie du willst,

"du wählst die zwei besten aus,

"und ich werde mir die notieren."

Er sagte:
"Die lassen dich das machen?"

Ich sagte ja.
Er: "Was willst du dafür?"

"Dass du machst, was ich will.

"Dass du das in die Kamera sagst.

"Dass du aufhörst, den anderen
zu sagen, was sie tun sollen.

"Du machst nicht Regie."

Er sagte: "Die Kamera nicht hier.
Und den Scheinwerfer hier."

"Orson, nichts davon.

"Dafür so viele Einstellungen,
wie du willst."

Er sagte: "Abgemacht."

Er hat sich gefügt und brauchte
nicht mehr als zwei oder drei Einstellungen.

Aber er fühlte sich nicht sicher.

Und er beginnt mit:
"Erinnere dich".

Tut mir leid!

Er ist schuld!
Er brachte mich zum Lachen.

296, die Zweite.

Diese tolle Idee
mit all den Einstellungen...

Es reichte mit einer!

Er trat zum letzten Mal auf in
Ein Tag für die Liebe.

Ich sagte:
"Du sitzt hinten im Theater,

"antwortest auf die Fragen eines
jungen Regisseurs, die meinen,

"an einen alten Regisseur, an dich.

"Aber du kommst, wie du bist,
als du selbst.

"Kein Make-up,

"Kein Akzent, keine falschen Nasen.
Ich will dich."

Er sagte: "OK. Ausnahmsweise."

Als er zurückkam fragte ich:
"Orson, bist du das?"

Er war geschminkt mit einer falschen Nase.

"Ich bin ein Grieche.
Wie findest du das?"

"Wieso ein Grieche?

"Wir haben darüber gesprochen,
dass du dich zeigst wie du bist."

"Du magst das nicht?
Komm wieder in einer Stunde."

Ich komme zurück. Er hat ein
anderes Make-up. Ägyptisch,

mit einem Akzent
und einer anderen Nase.

Ich sagte: "Nein, nein. Orson."
Aber so war er.

Er konnte nicht anders.

Er musste das durchspielen,

bis ich ihm sagte:
"Schluss damit. Keine Nasen.

"Keine Stimmen.
Du, auf der Leinwand,

"zum ersten Mal wie du bist."

"Mit dieser winzigen Nase?"

"Ja, mit der winzigen Nase."

Ich denke, dass du meinst,
weil ich dir von hinten

aus einem Theater spreche

und einen weißen Bart habe,

ich dir Wahrheiten verkünde.

Ich rede vom Piepser-Sitz aus
und nicht vom Berg Sinaï!

Am Ende von Ein Tag für die Liebe

wandte er sich an den Kameramann
und sagte: "Aus."

Der gehorchte.
Ich fragte: "Was tust du?"

"Orson Welles sagte: Aus.
Ich habe dem gehorcht."

Ich sagte OK
und knipste die Kamera wieder an.

Orson wusste das nicht.

Und er begann zu lachen,
lauter und lauter.

Und als er das tat, sagte ich mir:

"Das hätte ich!" Er würde mich
das nie verwenden lassen,

aber es wäre das ideale Ende.

Weil mit diesem Lachen,
nach 50 Jahren mit all den Problemen,

lachte er, wie wir das sagen,
als Letzter.

Brauche ich kein Ende?

- Nein.
- Ich kann alle töten?

In dem Moment kommen die Schlusstitel

und die Zuschauer,
falls da welche sind,

drängen nach draußen.

Ich denke,
du hast das Ende für den Film.

- Wieso?
- Weil wir am Ende sind.

- Freut mich, dass du heute kamst.
- Mich auch.

Danke.

- Bleibst du noch etwas?
- Glaube ich nicht.

- Warum?
- Das wird zu tranig.

Ich werde nicht "Aus" sagen.

Ich sage aus!
Ich bin der Regisseur: "Aus"!